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11. Dezember 2018

VRV 2015: Baurecht - Eröffnungsbilanz und Steuerrecht


Von Dr. Klaus Kandler und Prof. Dr. Helmut Schuchter.

Die Gemeinde betreibt einen Kindergarten auf einem Bauplatz, welcher im Eigentum der Pfarre steht. Die Gemeinde hat im Jahr 1990 mit der Pfarre auf 50 Jahre ein Baurechtsvertrag abgeschlossen und das Gebäude errichtet. Die Gemeinde zahlt an die Pfarre einen jährlichen Baurechtszins. Nach Ablauf der Baurechtsdauer geht das Gebäude inkl. Inventar auf die Pfarre über. Hat die Gemeinde in der Eröffnungsbilanz das Grundstück bzw. das Baurecht, das Gebäude und Inventar zu erfassen? Was ist zu tun, wenn umgekehrt die Gemeinde einem gemeinnützigen Wohnbauträger ein Baurecht einräumt?

Was ist ein Baurecht?

Wird ein Grundstück mit dem dinglichen, veräußerlichen und vererblichen Recht, auf oder unter der Bodenfläche ein Bauwerk zu haben, belastet, entsteht ein Baurecht[1]. Das Baurecht kann nicht auf weniger als zehn und nicht mehr als hundert Jahre bestellt werden; besteht das Entgelt für die Bestellung des Baurechtes in wiederkehrenden Leistungen (Bauzins), muss deren Ausmaß und Fälligkeit bestimmt sein[2]. Das Baurecht entsteht durch die bücherliche Eintragung als Last des Grundstückes[3] gilt als unbewegliche Sache und das auf Grund des Baurechtes erworbene oder hergestellte Bauwerk als Zugehör des Baurechtes[4]. Bei Erlöschen des Baurechtes fällt das Bauwerk an den Grundeigentümer; wenn nichts vereinbart wurde, ist dem Bauberechtigten eine Entschädigung in der Höhe eines Viertelteiles des vorhandenen Bauwertes zu leisten[5].

 

Die Gemeinde als Baurechtsnehmerin

Das Grundstück der Pfarre ist zwar mit dem eingeräumten Baurecht belastet, gehört aber der Pfarre und wird auch nicht zum wirtschaftlichen Eigentum der Gemeinde (also keine Erfassung in der Eröffnungsbilanz[6]).

Zum Baurecht der Gemeinde geben die VRV 2015 nicht viel her. Es bietet sich an, auf die bekannten bilanzsteuerrechtlichen Regeln zurückzugreifen[7]:

  • Der Abschluss eines Baurechtsvertrages führt nur dann bzw. insoweit zu einem aktivierungsfähigen abnutzbaren eigenständigen unbeweglichen Wirtschaftsgut „Baurecht“, soweit Aufwendungen zur Erlangung des Rechtes getätigt werden (wie zB Einmalzahlungen). Der kapitalisierte Wert der Verpflichtung zur Bezahlung des Bauzinses ist jedenfalls nicht zu aktivieren.
  • Die laufenden Baurechtszinszahlungen stellen Betriebsausgaben dar, die sonstigen Rechte und Pflichten aus dem Baurechtsverhältnis finden aber weder auf der Aktiv- noch auf der Passivseite der Eröffnungsbilanz Berücksichtigung, obwohl mit dem Baurecht ein grundstücksgleiches Recht im Sinne des § 30 Abs 1 EStG vorliegt (also die Veräußerung des Baurechtes würde der ImmoESt unterliegen).

Mangels Einmalzahlung bei Abschluss des Baurechtsvertrages, liegt kein bilanzfähiges Wirtschaftsgut vor; das Baurecht der Gemeinde wird in der Eröffnungsbilanz nicht erfasst. Nur für den Fall, dass Anzahlungen auf die jährlichen Baurechtszinse geleistet werden, muss die Gemeinde als Bauberechtigte solche Vorleistungen als Rechnungsabgrenzungsposten aktivieren[8].

Anderes gilt für Gebäude und Inventar, also die fest verbundene Einrichtung wie zB eine Einbauküche. Egal ob unbewegliches Vermögen (Gebäude), bewegliches oder fest verbundenes Inventar - es liegen immer Vermögenswerte der Gemeinde vor und sind in der Eröffnungsbilanz zu erfassen. Bei Superädifikaten[9] ist allerdings zu prüfen, ob die Restabschreibungsdauer nach Anlage 7 der Restlaufzeit aus dem Baurechtsvertrag entspricht, weil es bei Investitionen, die nach Ablauf des Baurechtsvertrages an den Grundeigentümer Pfarre heimfallen, beim abnutzbaren Anlagevermögen zu einer Verkürzung der Nutzungsdauer kommt[10].

Die Gemeinde als Baurechtsgeberin

Räumt die Gemeinde einem Dritten (zB gemeinnütziger Bauträger) das Baurecht gegen Entgelt ein, handelt es sich für Körperschaft- und Umsatzsteuer um die bloße Nutzungsüberlassung von Grundstücken. Das heißt, die Zahlungen, egal ob Einmalerlag oder gegen jährlichen zu zahlenden Baurechtszins, unterliegen weder der ImmoESt[11], noch der KöSt[12] und können umsatzsteuerfrei behandelt werden[13]. Anderes gilt hinsichtlich der Grunderwerbsteuer, weil hier der Gesetzgeber die Veräußerung eines Grundstücks fingiert[14]. Zudem unterliegt der Vorgang der Eintragungsgebühr[15].

Für die Eröffnungsbilanz hat die Einräumung des Baurechtes keine Auswirkungen, weil das Grundstück im zivilrechtlichen und wirtschaftlichen Eigentum der Gemeinde bleibt und nach den allgemeinen Regeln zu bewerten ist, zumal entgeltliche Nutzungsüberlassungen nicht den Wert beeinflussen (also egal ob gegen Miet-, Dienstbarkeits- oder Baurechtszins). Nur für den Fall, dass ein unentgeltliches Baurecht eingeräumt wird, kann die Nutzungseinschränkung zu einer Wertminderung führen.

Quellen:

  1. [1] § 1 Abs 1 Baurechtsgesetz – BauRG, RGBl 86/1912 idF BGBl I 30/2012
  2. [2] § 3 BauRG
  3. [3] § 5 BauRG
  4. [4] § 6 BauRG
  5. [5] § 9 BauRG
  6. [6] Der Tatbestand des § 19 VRV 2015 wird nicht erfüllt, wie bezogen auf das Grundstück selbst, die Gemeinde nicht wirtschaftlich wie ein Eigentümer über das Grundstück herrscht, indem sie diese insbesondere besitzt, gebraucht, die Verfügungsmacht über sie innehat und das Risiko ihres Verlustes oder ihrer Zerstörung trägt.
  7. [7] Rechtsprechung und Verwaltungsmeinung BMF in Rz 487 EStR
  8. [8] Rz 2405 EStR; diese Aktivierung setzt aber abzugrenzende Anzahlungen von über € 10.000 voraus (§ 13 Abs 7 VRV 2015). Der Grundstückseigentümer kann einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten bilden.
  9. [9] Gebäude auf fremden Grund und Boden, wie eben bei Baurechten
  10. [10] Rz 3481 EStR
  11. [11] Rz 6622 EStR; nur dann Köst, wenn Grundstück einem Betrieb gewerblicher Art zuzurechnen ist
  12. [12] Die entgeltliche Nutzungsüberlassung von Grundstücken kann außerhalb eines Betriebes gewerblicher Art nur bei Agrargemeinschaften einen körperschaftsteuerbaren Vorgang auslösen; § 2 Abs 2 Z 3 KStG
  13. [13] § 6 Abs 1 Z 16 UStG
  14. [14] § 2 Abs 2 Z 1 GrEStG; Bemessungsgrundlage für Einräumung max. 18facher Jahreswert, sonst gemeiner Wert des Baurechtes, aber keinesfalls der Grundstückswert der belasteten Liegenschaft (VwGH 11.9.2018, Ra 2017/16/0005)
  15. [15] § 26 Abs 1 Gerichtsgebührengesetz (kurz: GGG)